Bienen sind zu erstaunlichen Lernleistungen imstande. Sie besitzen ein Gehirn in der Grösse einer Stecknadel und 950'000 Nervenzellen. Bienen sind mit einer Vielzahl von komplexen Reizen konfrontiert. Es sind Farben, Formen, Muster, Düfte und Strukturen, welche uns wohl bekannt sind. Zusätzliche Reize sind Sonnenstand und das Polarisationsmuster des Lichtes am Himmel oder Magnetfelder.
Bienen sind imstande, die Eigenschaften von futterreichen Blüten zu erlernen und diese immer wieder aufzusuchen. Sie sind also blütenstetig, was der Grund für die enorme Bedeutung für die Bestäubung unserer Nutz- und Wildpflanzen ist.
Der Rundtanz zeigt eine Futterquelle in kurzer, der Schwänzeltanz
in grösserer Distanz sowie die Richtung der Futterquelle an.
Einzigartig in der Tierwelt ist die Fähigkeit der Biene, mit dem Bienentanz Informationen über Ort und Entfernung einer Futterquelle an ihre Artgenossinnen weiterzugeben, um diese optimal zu nutzen. Bienen sind nicht in der Lage, einzeln zu überleben, sondern dienen als soziale Insekten immer dem Wohl des Volkes.
Es gibt zwei Grundformen des Tanzes, den Rundtanz und den Schwänzeltanz.
Rundtanz
Ist eine Futterquelle weniger als 50 Meter vom Bienenstock entfernt, vollführt eine in den Stock kommende Biene den sogenannten Rundtanz. Sie läuft dabei kreisförmig über die Waben und wechselt von Zeit zu Zeit die Tanzrichtung. Sie gibt dabei Proben von gesammeltem Futter an andere Arbeiterinnen weiter. Der Rundtanz enthält nur Informationen über die Distanz vom Stock (nahe), jedoch keine Richtung.
Schwänzeltanz
Ist eine Futterquelle in grösserer Entfernung vom Stock, ist es sinnvoll, neben der Entfernung auch die Richtung zu vermitteln, in der sie sich befindet. Dies tut eine rekrutierende Biene mit Hilfe des Schwänzeltanzes. Dazu läuft sie auf der Wabe ein Stück geradeaus, macht einen Bogen zur Seite, um an den Startpunkt der geraden Strecke zurückzukehren. Danach läuft sie wieder die gerade Strecke ab und macht dann den Bogen in die andere Richtung, um zum Ausgangspunkt zurückzukommen. Auf den Geraden vollführt sie jeweils die charakteristischen und namensgebenden Schwänzelbewegungen mit dem Hinterleib. Die Geschwindigkeit der Schwänzelbewegungn auf der Schwänzelstrecke kodiert die Distanz der Futterquelle. Je langsamer sie ausgeführt wird, umso weiter ist eine Futterquelle entfernt. Komplizierter ist die Kodierung der Richtung, in welcher die Futterquelle sich befindet. Dazu dient die Ausrichtung der Schwänzelstrecke. Die Abweichung des Winkels der Schwänzelstrecke von der Senkrechten entspricht der Abweichung des Winkels vom Sonnenstand zum Stock. Dieser Vorgang bedingt eine Umsetzung der Richtungsinformation bezüglich des Sonnenstandes zur Längsachse voraus. Eine komplexe Leistung!
Da der Tanz im finsteren des Bienenstockes stattfindet, werden die Informationen über taktile, akustische und chemische Reize übermittelt. Die Arbeiterinnen nehmen dazu mit den Fühlern Kontakt mit der Tänzerin auf.
Sehen
Ein Mensch kann 20 Bilder pro Sekunde als Einzelbilder wahrnehmen.
Bei Bienen sind es 200 Bilder pro Sekunde.
Bienen haben, so wie alle Insekten, Facettenaugen. Deren räumliche Auflösung ist wesentlich schlechter als jene von Wirbeltieren. Bienen können Objekte erst ab einer Entfernung von etwa 30 cm erkennen, müssen sich also wesentlich näher am Objekt befinden als z.B. der Mensch. Diese "Kurzsichtigkeit" mag auf den ersten Blick nachteilig erscheinen, für Bienen ist die Objekterkennung aber erst im Nahbereich eines Ziels wichtig. Über weite Distanzen werden andere Mechanismen zur Orientierung genutzt.
Im Gegensatz zur räumlichen ist die zeitliche Auflösung des Bienensehsystems viel besser als unsere. Ein Mensch kann bis zu 20 Bilder pro Sekunde gerade noch als Einzelbilder wahrnehmen (Ein Videofilm zeigt 25 Bilder pro Sekunde und wir sehen keine Einzelbilder mehr, sondern fliessende Bewegungen), sind es bei Bienen 200 Einzelbilder. Das ermöglicht den Bienen im schnellen Flug eine extrem kurze Reaktionszeit.
Bienen sind rotblind, dafür sehen sie Ultraviolett (UV).
Farbensehen
Lange glaubte man, Bienen seien farbenblind. Wie beim Menschen weist die Netzhaut der Bienen drei Typen von Photorezeptoren auf, die auf eine bestimmte Lichtwellenlänge (Farbe) reagieren: das trichromatische Farbsystem.
Während wir blau-, grün- und rotempfindliche Zellen besitzen, sind sie bei den Bienen blau-, grün- und ultraviolettempfindlich. Bienen sind also rotblind, sehen aber UV, eine "Farbe" die bei vielen natürlichen Blüten auftritt. UV ist für den Menschen nicht sichtbar. Wenn für uns Blüten verschiedener Pflanzenarten "weiss" erscheinen, sehen Bienen möglicherweise diese Blüten in unterschiedlichen Farben, weil eine davon einen UV-Anteil im Spektrum hat und die andere nicht.
Bienen haben eine Vorliebe für Blüten mit einer bestimmten Wellenlänge. Es werden Blüten mit einem Wellenlängenbereich von 400-420 nm bevorzugt.
Formensehen
Die Blütenform spielt wie die Farbe eine entscheidende Rolle. Verschiedene Pflanzenarten können die gleiche oder ähnliche Farbe haben, sich jedoch in Form unterscheiden. Die Formerkennung spielt auch bei der Orientierung und der Erkennung von Landmarken eine wichtige Rolle. Blüten weisen oft sogenannte "Saftmale" auf, welche für uns nicht sichtbar sind, für die Bienen aber im UV-Wellenlängenbereich erkennbar sind.
Das räumliche Auflösungsvermögen ist bei Bienen bei weitem nicht so ausgeprägt wie das unsere. Sie nutzen dafür zur Orientierung Formmerkmale wie Bilateralsymmetrie, Ausrichtung der Konturen, radiale oder konzentrische Anordnung von Musterelementen oder den geometrischen Schwerpunkt einer Form.
Bewegungssehen und optischer Fluss
Fliegt eine Biene durch die Landschaft, so "fliegt" die Landschaft an ihren Augen vorbei und verursacht Bewegungsreize, den sogenannten optischen Fluss. Durch diese Reize ist die Biene in der Lage, Entfernungen zu messen. Die Länge einer Strecke ist das Produkt aus Bewegungsreizen und Geschwindigkeit, die für die Strecke aufgewendet wurde.
Sonnenkompass, polarisiertes Licht und Tageszeit
Den Stand der Sonne nutzen Bienen zur Orientierung. Sie bestimmen die Richtung, in der eine Futterquelle in Bezug auf den Sonnenstand liegt, und geben die Richtung in Form des Bienentanzes an die Schwestern weiter.
Die Sonne als Orientierungshilfe ist aber insofern unzuverlässig, als dass sie nicht immer zu sehen ist. Sie kann von Wolken, Bergen, Wäldern oder Gebäuden verdeckt sein. Solange auch nur ein kleiner Ausschnitt blauen Himmels sichtbar ist, nutzen Bienen das Polarisationsmuster, das am Himmel entsteht und vom Sonnenstand abhängig ist. Dieses Muster entsteht durch die Streuung des in der Atmosphäre einfallenden Sonnenlichts und ist für Menschen nicht sichtbar. Das Polarisationsmuster nehmen Bienen mit ihren lichtempfindlichen Zellen der Komplexaugen wahr.
So wissen die Bienen, wo die Sonne steht, auch wenn sie diese nicht sehen können. Bei vollständiger Bewölkung können sie den Sonnenstand aber nicht mehr bestimmen.
Wie viele andere Tiere besitzen Bienen eine "innere Uhr" als angeborenen Zeitmesser. Der ausgeprägte Zeitsinn ist für die Bienen von grosser Bedeutung, da viele Blüten nur zu bestimmten Tageszeiten Nektar bieten.
Riechen
Erkennen von Pheromonen müssen Bienen nicht erlernen,
charakteristische Düfte von Blüten im Gegensatz schon.
Bienen besitzen einen ausgeprägten Geruchssinn. Düfte spielen in ihrem Leben eine grosse Rolle. Eine Art der Kommunikation erfolgt über Pheromone. Als Pheromone werden chemische Substanzen bezeichnet, welche bei Artgenossen eine bestimmte Verhaltensreaktion auslösen. Bienen besitzen ein komplexes System an Pheromonen, vor allem das Königinnenpheromon, welches das Vorhandensein der Königin anzeigt und bei den Arbeiterinnen die Entwicklung von Eierstöcken verhindert. Eine weitere Substanz ist das Alarmpheromon, welches eine Biene abgibt, wenn sie sticht und ihre Schwestern somit in Alarmbereitschaft versetzt. Dies Düfte brauchen Bienen nicht zu erlernen.
Anders sind die Düfte der Blüten als Futterquelle, welche einen eigenen, charakteristischen Duft verströmen, den die Bienen auf ihren Sammelflügen lernen. Dies ermöglicht ihnen den wiederholten Besuch einer bestimmten Blütenart und sie tragen diesen Duft auch in den Stock und übertragen diesen an andere Sammlerinnen, um diese zum Sammeln zu bewegen.
Bienen riechen mit den Fühlern. Auf den Antennen befinden sich 60'000 Riechrezeptorneutrone, welche Signale produzieren, wenn chemische Moleküle auf sie treffen. Die Signale werden über Nervenbahnen an das Riechhirn, die Antennalloben, weitergeleitet. Diese Antennallobeln bestehen aus etwa 160 kugeligen Bündeln von Nervenzellen (Glomeruli) die das Aktivitätsmuster der verschiedenen Düfte in ein ganz eigenes Erregungsmuster kodiert, vergleichbar mit einem Strichcode auf Warenverpackungen.
Schmecken
Auf den Antennen der Biene gibt es ausser Riechrezeptoren für gasförmige Stoffe auch Chemorezeptoren für Stoffe, die in Flüssigkeit gelöst oder fest sind. Diese Geschmacksrezeptoren liegen an den Antennen, den Mundwerkzeugen und den Vorderfüssen. Nervenzellen leiten ihre Signale in das Unterschlundganglion weiter. Während es für Düfte ungefähr so viele verschiedene Rezeptortypen gibt wie Glomeruli in den Antennalloben (also etwa 160 Stück), hat man für Flüssigkeiten etwa nur zehn verschiedenen Rezeptortypen gefunden.
Tasten
Blütenblätter unterscheiden sich in der Textur. Bienen nehmen diese Reize bei den Blütenbesuchen auf und lernen, diese für die Unterscheidung der Blüten zu nutzen. Dazu tasten sie mit den Antennen die Blütenblätter ab.
Magnetsinn
Der magnetische Sinn ist für uns Menschen derart fremd, dass seine Existenz oft bezweifelt wird. Doch es ist einwandfrei nachgewiesen, dass verschiede Tiere, darunter zahlreiche Insekten, Richtung und Stärke des Erdmagnetfeldes wahrnehmen.
Beim Wabenbau und Tanz entdeckten Forscher schon früh den magnetischen Sinn der Biene. Ein magnetisches Sinnesorgan konnte bisher in keinem Tier gefunden werden, wohl aber kleine Eisenpartikel, die sich nach dem Magnetfeld ausrichten. Solche Eisenpartikel finden sich auch im Körper der Bienen.